Ertragsgutachten für größere Photovoltaik-Anlagen

Ertragsgutachten werden erstellt, um die zu erwartenden Stromerträge größerer Solaranlagen möglichst präzise zu prognostizieren.

Solarfonds immer mit zwei Ertragsgutachten

Soll die Solaranlage kreditfinanziert werden, schreibenviele Kreditinstitute Für die Beantragung eines Photovoltaikkredits verbindlich ein Ertragsgutachten eines unabhängigen Gutachters vor.

Bei großen Solarparks liegt das Investitionsvolumen ohnehin im mehrstelligen Millionenbereich. Das Geld für diese Investitionen wird üblicherweise im Rahmen von geschlossenen Fonds auf dem Kapitalmarkt zusammengetragen. Da bei den Geldgebern weniger der Nachhaltigkeitsgedanke sondern eher Renditeerwartungen im Vordergrund stehen, ist die Abschätzung der Erträge eines Solarparks ein zentrales Element der Investitionsentscheidung. Um die Rendite der zu finanzierenden Solarparks seriös abschätzen zu können, werden bei Solarfonds üblicherweise jeweils von zwei unabhängigen Gutachtern Ertragsgutachten erstellt.

Ertragsgutachten sind die Ausgangsbasis für die Planung der Solaranlage sowie deren Finanzierung durch Fremdkapital. Anhand der prognostizierten Ertragsdaten werden Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Risikoanalysen durchgeführt. Zusätzlich dazu erfolgt eine Bewertung der Anlagenplanung sowie der –Umsetzung.

Bestimmung der Globalstrahlung / solaren Einstrahlung

Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg einer Solaranlage und insbesondere eines Solarparks ist die realistische Einschätzung der Einstrahlungswerte der Sonne an den Standorten und den sich daraus ergebenden spezifischen Energieerträgen.

Abweichung Globalstrahlung vom Jahresmittel – Grafik: Deutscher Wetterdienst

Langjährige Messreihen notwendig: Der Deutsche Wetterdienst hält sog. „Strahlungskarten der Abweichungen vom Mittelwert für Deutschland“ bereit. Anhand dieser Karten wird schnell deutlich, dass eine jährliche Abweichung der Globalstrahlung um 6-8% vom langjährigen Mittel in Deutschland absolut nicht ungewöhnlich ist, in Extremfällen sind auch 10-15% möglich.

Eine Schwankung in dieser Größenordnung bei einem Ertragsgutachten ist hingegen absolut inakzeptabel. Schließlich hängt der Stromertrag 1:1 mit der Sonneneinstrahlung zusammen.

Repräsentative Strahlungswerte liefern nur langjährige Messreihen . Experten gehen davon aus, dass die relativen Abweichungen erst nach acht bis zehn Jahren stabil sind. Liegen diese langjährigen Messreihen nicht vor, ist keine seriöse Abschätzung der Einstrahlung möglich.

Grundlage einer soliden Ertragsprognose der von Fonds-Gesellschaften in Auftrag gegebenen Ertragsgutachten sind

Wetterstationen & Satellitendaten: als Datenbasis für die Abschätzung der solaren Einstrahlung für einen Standort stehen verschiedene Messmethoden mit unterschiedlicher Gütequalität zur Verfügung.

Rund 100 Wetterstationen liefern in Deutschland die Daten für die sog. Pyranometer-Messung oder auch Boden-Messung. In Frankreich und Spanien sind es hingegen nur 35 bzw. 30 Messstationen. Währen in Deutschland im Schnitt schon rund 3.500 km² auf eine Station entfallen, sind es in Frankreich bzw. Spanien sogar 15.600 bzw. 16.800 km² Fläche, die durchschnittlich von einer Station abgedeckt werden sollen. Enstprechend lückenhaft ist die Abdeckung der Landesfläche durch diese Bodenstationen.

Alternativ bzw. in Ergänzung werden Satellitendaten (Meteosat) verwendet. Der Europäische Wettersatellit macht alle 15 Minuten ein Bild von der Erde. Die räumliche Auflösung der Meteosat-Daten ist mit 2-3 km² deutlich präziser, als bei den Bodenstationen. Die von den Wettersatelliten gemessenen Strahlungsdaten werden i.d.R. über die Bodenmesswerte kalibriert

Grundsätzlich sollten unterschiedliche Quellen als Grundlage für die Strahlungsdaten am Standort der Solaranlage herangezogen werden.  bei Solarfonds ist die Mindestanforderung die Datenbasis „20 Jahre nach DWD“. Es steht im Ermessen des Gutachters, weitere Daten in die Ertragsberechnung einfließen zu lassen.

Einstrahlung auf horizontale Fläche vs. Modulfläche: In einem Ertragsgutachten zwingend notwendig ist die Angabe der Solareinstrahlung auf die horizontale Fläche und die Einstrahlung auf die Modulfläche, wobei der Neigungswinkel des Solarmoduls sowie die Abweichung von der Südausrichtung zu berücksichtigen sind.

Üblicherweise wird die Einstrahlung auf die Modulfläche rechnerisch hergeleitet aus der Einstrahlung auf die horizontale Fläche. Für diese Aufgabe stehen unterschiedliche Verfahren bzw. Umrechnungsprogramme zur Verfügung. Welches Verfahren bzw. Programm angewendet wurde, ist in dem Ertragsgutachten anzugeben.

Berücksichtigung von Anlagenkonfiguration bzw. Systemkomponenten

Eine wichtige Inputgröße, die in die Ertragssimulation einfließen muss, ist die gesamthaft betrachtete Anlagenkonfiguration. Dazu müssen alle Anlagenkomponenten bekannt sein! Photovoltaikanlagen erwirtschaften im realen Betrieb nie den theoretisch erreichbaren Maximalertrag, der sich aus der Solareinstrahlung ergibt.

Typ/Art/Hersteller der Solarmodule: Solarmodule weichen erfahrungsgemäß bis zu 5% von Ihrer Nennleistung ab. Hinzu kommen Verluste durch Modulverschmutzung (0,5-2,0%), Modulerwärmung (0-6,0%) und Modulalterung (0,3-0,7% pro Jahr).

Der Gutachter überprüft die Plausibilität der Datenblattangaben (in DIN-Norm EN 50380 geregelt), die der Modulhersteller zur Verfügung stellt. Schließlich muss der Gutachter eine Angabe zur Degradation (allmähliche Verschlechterung der Modulleistungsfähigkeit) treffen.

Für die Prognoserechnung im Rahmen von Ertragsgutachten wird üblicherweise pauschal eine Degradation von 0,25 Prozent nach dem ersten Betriebsjahr angesetzt.

Aufstellungsort Wechselrichter – Bild: SMA

Wechselrichter: Der Wechselrichter ist die technologisch wichtigste Komponente einer jeden Solarstromanlage. Ziel bei der Konfiguration einer Solarstromanlage ist es immer, eine optimale Abstimmung zwischen der Leistung des Solargenerators und des Wechselrichters zu erreichen. Der Wirkungsgrad eines Wechselrichters hängt direkt mit seiner Auslatung zusammen.

Je nachdem, ob Strangwechselrichter (Stringwechselrichter) oder Zentralwechselrichter verwendet werden, sind die Spezifika der Bauarten zu berücksichtigen. So kommt es bei Strangwechselrichtern eher zu Problemen bei Teilabschattungen einzelner Module.

Der Aufstellungsort der Wechselrichter ist bei dem Ertragsgutachten ebenfalls zu berücksichtigen. Ein thermisch ungünstiger Aufstellungsort (zu heiss) geht zu Lasten des Wechselrichterwirkungsgrades.

Hinzu kommt, dass Wechselrichter in ihrer Leistung bis zu 1,5% von den Herstellerangaben abweichen.

Verschaltung: Die stromführenden und elektronischen Komponenten können bis zu 4% des Stromertrags „auffressen“. Transformatorverluste werden zwischen 0,0—1,5% beziffert. Verkabelungsverluste liegen bei 0,5-1,5%. Der Ertragsgutachter überprüft die geplante Verschaltung des Solargenerators auf Plausibilität, insbesondere im Hinblick auf die zulässigen Spannungsgrenzen, das Verhältnis von DC-Generatornennleistung zu DC-Wechselrichternennleistung und die maximal zulässige DC-Generatornennleistung des Wechselrichters gemäß Herstellerangaben.

Mismatch: Mismatch-Verluste entstehen durch die produktionsbedingte Schwankung der elektrischen Parameter
von Modulen, die zu Strings miteinander verschaltet werden. Dabei wird die Leistungsfähigkeit eines
Strings durch das Modul mit der geringsten Nennleistung bestimmt. Je größer die Schwankungsbreite,
desto höher fallen die Mismatch-Verluste aus.

Bei seinen Berechnungen berücksichtigt der Gutachter die zu erwartenden DC-Verluste durch Mismatch, Verschaltung, DC-Leitungen, Kabelverbinder etc.

Berücksichtigung des Standorts / örtlicher Gegebenheiten

Solarpark Wiesenbach

Wenn die örtlichen Gegebenheiten des geplanten Anlagen-Standortes nicht durch einen Vor-Ort-Termin aufgenommen werden, sollten zumindest aussagekräftige Unterlagen vorliegen (Lagepläne, Fotos, Luftbilder, Umgebungsprofil).

Verschattung: Günstigstenfalls gibt es keine Ertragseinbußen durch Verschattung der Module. Aber alleine die Verschattung der Modulreihen von Solarparks untereinander führt oft zu Ertragsverlusten von 1-2 %. Die Verschattung durch die Umgebung (Bewuchs, Gebäude/Gebäudeteile, Landschaft, etc.), kann weitere 3% betragen. Je nach Aufstellung können sich Modul- und Umgebungsverschattung auf rund 4 % Ertragsminderung addieren.

Gerade wenn nur einzelne Kollektoren einer in Reihe geschalteten Solaranlage verschattet sind, hat dies Einfluss auf die Gesamtleistung aller angeschlossenen Kollektoren.

Darstellung der Ergebnisse

Wie bei einer guten Mathematikarbeit sind bei einem seriösen Ertragsgutachten alle Ausgangswerte, Rechenergebnisse und Teilergebnisse darzustellen. Anders ist eine Nachvollziehbarkeit der Gutachtenergebnisse nicht sichergestellt.

Ein ordentliches Ertragsgutachten umfaßt in seiner Ergebnisdarstellung die folgenden Punkte:

  • Beschreibung des Anlagenstandortes
  • Darstellung der örtlichen Einstrahlungswerte (horizontale Fläche)
  • Darstellung der Einstrahlungswerte auf Modulebene inkl. Umrechnungsverfahren
  • Darstellung der Berechnungsverfahren und -methoden
  • Darstellung der Systemkomponenten inkl technischer Daten
  • Prognostizierter mittlerer jährlicher Stromertrag in kWh (ggfls. Schwankungsbreite)
  • Prognostizierte Performance Ratio bezogen auf Nominalleistung des Solargenerators
  • Aussagen zur Ertragsminderung durch Degradation, Verschmutzung und Mismatch

Bekannte Gutachter-Unternehmen

  • Fraunhofer ISE
  • meteocontrol
  • DLC (Dr. Littmann Consulting)
  • Leipziger Institut für Energie GmbH
  • DGS Berlin

Bekannte Simulationsprogramme

  • SolEM
  • DLC Solaris
  • PV*SOL (Dr. Valentin Berlin)
  • PVSyst (Uni Genf)
  • Greenius (FHTW Berlin und DLR)
  • DESIRE

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