Solarworld AG: Asbeck setzt Bonner Solarbrücke durch
Eine fast 400 Meter lange frisch sanierte Bonner Rheinbrücke, deren eine Seite nahezu perfekt nach Süden ausgerichtet ist, logischerweise ohne jegliche Verschattung – das wäre doch der ideale Standort für eine Solaranlage! Dachte sich Frank Asbeck, Solarstromer aus Überzeugung und Vorstandsvorsitzender der Bonner SolarWorld AG.
Gegen den Widerstand der Verwaltung
Wenn nicht der für seine Hartnäckigkeit bekannte Frank Asbeck hinter der Idee gestanden hätte – es wäre eine Idee geblieben. Denn im Normalfall reicht bereits ein schlecht gelauntes Amt, um eine gute Idee scheitern zu lassen. Im Falle der Bonner Solarbrücke befasste sich allerdings gleich eine ganze Armada von Ämtern, Ausschüssen und Gutachtern mit dem Projekt „weltweit erste Solarbrücke“.
Der Hauptausschuss der Stadt Bonn beauftragte bereits im Dezember 2007 (!) die Stadtverwaltung mit der Prüfung des Projektes. Der Projektbeirat Kennedybrücke und der Bau- und Vergabeausschuss vertagte die Entscheidung meist. Das Wasser- und Schifffahrtsamt Köln war ebenso involviert, wie natürlich das Bonner Tiefbauamt.
„Rentiert sich nicht“
Noch im März 2009 sprach sich die Stadtverwaltung aus Rentabilitätsgründen gegen den Bau einer Solaranlage aus. Die Bonner Verwaltungsprofis schätzten die Kosten der gesamten Anlage auf rund 395.000 Euro. Bei einem Stromertrag von jährlich etwa 12.000 Euro würde sich die Anlage erst nach mehr als 30 Jahren amortisieren.
Das wiederum sah man bei SolarWorld naturgemäß ganz anders. Die Stadtverwaltung habe die Einspeisevergütung aus 2009, aber die Anlagenpreise aus 2007 als Berechnungsgrundlage verwendet. Der zwischenzeitlich drastische Preisverfall bei Solarmodulen würde zu einer deutlich schnelleren Amortisierung der ökologischen Investition führen.
Nach einer überarbeiteten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung stand die Photovoltaikanlage auf einmal deutlich besser da. Auf Basis der angepassten Annahmen, die Solaranlage kostete mit 307.000 Euro rund 90.000 Euro weniger, würde sich die PV-Anlage nach 22 Jahren, frühestens nach 17 Jahren amortisieren. Aber auch das war den Beamten nicht früh genug.
„Erhebliche Übertragungsverluste“
Ein weiterer Kritikpunkt, der zur ablehnenden Haltung der Stadtverwaltung beitrug, war die „gewisse Distanz zum Übergabepunkt des Energieversorgers“, die der Solarstrom überwinden müsse. Dies sei mit „erheblichen Verlusten“ verbunden. Die Kennedybrücke verbindet übrigens die Innenstädte von Bonn und Beuel miteinander, ist also die zentralste der drei Bonner Rheinbrücken. An beiden Brückenköpfen beginnt jeweils unmittelbar die Bebauung. Auf der Bonner Seite befindet sich in „Spuckweite“ die Bonner Oper und das Hotel Hilton, die es trotz der „erheblichen Übertragungsverluste“ auch irgendwie an das Bonner Stromnetz geschafft haben.
„Schwierige Reinigung“
Die Stadtverwalter hielten den Brücken-Standort auch aufgrund der spezifischen Installationssituation für „eher ungeeignet“, da die Solarpanels unterhalb der Brücke nur aufwendig und somit teuer zu reinigen wären. Auch dieses Argument spiegelt eher den Unwillen der Bonner Verwaltung wider, als die reale Anlagensituation. Jedes einzelne der 396 Einzelmodule ist vom Gehweg der Brücke aus hervorragend und in immer gleichem Abstand zugänglich. Betreiber einer Dachanlage können von dieser Reinigungssituation nur träumen.
SolarWorld springt ein und wird Sponsor
Ab einem bestimmten Zeitpunkt platzte Frank Asbeck dann wohl der Kragen. Er bot den zögerlichen Verwaltungsbeamten schließlich entnervt an, dass die SolarWorld AG die Solarbrücke auf eigene Rechnung baut und auch für Wartung und Reinigung der Photovoltaikanlage aufkommt. Als Betreiber der Anlage würde man die erwirtschaftete Einspeisevergütung alljährlich einer anderen Bonner Organisation stiften. „Als Sponsor für Installation und Unterhaltung konnte die Bonner SolarWorld AG gewonnen werden“ heißt es danach in der Pressemitteilung der Stadt Bonn.
Windkanalgutachten gefordert
Nachdem die wirtschaftlichen Stolpersteine aus dem Weg geräumt schienen, trat das Kölner Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) auf den Plan. Man forderte für die Genehmigung der Anlage ein Windkanalgutachten. „Das haben nicht wir uns ausgedacht“, sagt WSA-Sprecher Markus Grewe. „Vielmehr steht in den Statikunterlagen, die das Ingenieurbüro uns gab, dass dieses Gutachten erstellt werden muss“. Das Gutachten hatte übrigens die Bonner Stadtverwaltung in Auftrag gegeben.
Bei Frank Asbeck stieg der Blutdruck, das Windkanalgutachten wollte er nicht auch noch bezahlen. „Die müssen jetzt mal aus dem Quark kommen„, gab er gegenüber dem Bonner General-Anzeiger seinem Unmut Ausdruck. Um dann noch auf die ohnehin unrühmliche, seit 2oo7 andauernde Sanierung der Kennedybrücke einen kleinen Seitenhieb abzugeben: „Wir können uns jetzt gut vorstellen, warum die Brücke noch nicht fertig ist.“
Blendet’s die Schiffe?
Endlich also grünes Licht für die Bonner Solarbrücke? Nicht so schnell… Zunächst verlangte das für die abschließende Genehmigung zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt in Köln noch eine Testinstallation, denn „Die Unschädlichkeit der Anlage für die Verkehrssicherheit der Schifffahrt ist Voraussetzung für die Genehmigung der gesamten Anlage“. Also wurde zunächst ein etwa sechs Meter langes Teilstück in der Brückenmitte angebracht. Anhand dieses Probefeldes untersuchte das Wasser- und Schifffahrtsamtes die Blendwirkung und die potenzielle Störung der Radaranlagen des Schiffverkehrs. Völlig überraschend waren jedoch weder die Rheinschiffer noch das Schiffsradar von den glitzernden Solarmodulen irritiert.
Endlich Baubeginn
Nachdem alle bürokratischen Hürden genommen wurden, erfolgte im März 2011 endlich der Baubeginn der Solaranlage. Seitdem wuchs das 1,70 m hohe Modulband nahezu täglich seiner vollständigen Länge von 394 Metern entgegen. Die Anlage ist schließlich am Sonntag, dem 3. Juli in einer offiziellen Feierstunde ans Netz gegangen. Seitdem liefert sie ökogisch einwandfreien Strom für 20 Bonner Haushalte.
Wieviel Strom die Solaranlage aktuell und insgesamt leistet und wieviel Tonnen CO2 damit eingespart wurden, kann jeder Interessierte seither an einer Digital-Anzeige, am Brückenkopf auf der Bonner Seite der Brücke ablesen:
Sollte der Umstieg auf die Erneuerbaren Energien in Deutschland eine ähnlich schwere Geburt werden, wie die Bonner Solarbrücke, könnte einem glatt ein wenig bange werden. Oder um es mit Heinrich Heine zu sagen: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, Dann bin ich um den Schlaf gebracht“.
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WDR Bericht über Bonner „Solar“-Brücke am 22.6.2011
Sehr geehrte Damen und Herren,
warum schwärmen Sie so vollmundig von der Effektivität dieser Solaranlage auf solar-prinz.de, wenn sie es doch einfach nicht bringt (siehe Verschmutzung).
Das ist doch reine Verdummung der potentiellen Käufer. Kein Wort auch über Kosten für Wartung, Reinigung, Versicherung, Lebensdauer, Leistungsabfall im Laufe der Betriebszeit, etc. etc.
Kein Wort in Ihrem Bericht davon.
Mit freundlichen Grüßen
Reiner Föse
Sehr geehrter Herr Föse,
ehrlich gesagt geht es in dem Artikel doch gar nicht um die Effektivität der Anlage, als vielmehr um die „lustlose“ Haltung der Ämter und Ausschüsse. So kommen wir einfach nicht weiter bei diesem wichtigen Thema.
Aber abgesehen davon ist die Anlage wirklich so ausgestaltet, dass man davon schwärmen könnte (das macht der Artikel allerdings gar nicht).
Dass kein Wort über Kosten für Wartung, Reinigung, Versicherung, Lebensdauer, Leistungsabfall verloren wird ist einerseits nicht richtig (Beispiel Reinigung „Jedes einzelne der 396 Einzelmodule ist vom Gehweg der Brücke aus hervorragend und in immer gleichem Abstand zugänglich. Betreiber einer Dachanlage können von dieser Reinigungssituation nur träumen.“) andererseits auch nicht im Rahmen eines Artikels leistbar.
Natürlich hätte man die Degradation der SolarWorld-Module auch noch anführen können (die übrigens extrem gering ist und nachweislich Benchmark einer ganzen Branche darstellt), aber wie gesagt, es handelt sich um einen Artikel und kein Buch.
Natürlich kann man die Sinnhaftigkeit einer ganzen Technologie in Frage stellen, aber da stoßen Sie bei einer Website, die Solar-Prinz heißt nicht unbedingt auf fruchtbaren Boden. Wir möchten Ihnen nur mal zwei Aspekte mit auf den Weg geben:
1. Mit der Leistung einer Solaranlage von der Größe eines CarPorts, können Sie tagtäglich zur Arbeit und wieder zurück fahren. Ist das nicht zumindest eine charmante Idee?!
2. Nur die Solarenergie ist eine wirklich frei skalierbare und absolut demokratische erneuerbare Energie. Wasserkraft ist am Limit, bei Windenergie reden wir über Millionen-teure Großanlagen (=> RWE Innogy lässt grüßen), Bioenergie bringt noch Wachstum, aber auch hier reden wir über Großanlagen. Die Sonne kann prinzipiell jeder Hausbesitzer anzapfen.
Liebe Grüße – der Solar-Prinz
Hallo an Alle,
klar müssen Solarmodule gereinigt werden, klar gibt es Übertragungs- und Wartungskosten… aber irgendwie ist das bei jeder Photovoltaikanlage dasselbe und die allermeinsten Menschen sind sich wohl inzwischen einig, dass es sich lohnt. Eine Brücke finde ich ein guter Ort dafür – da ist Platz und kaum etwas wirft Schatten auf die Module. Man könnte aber auch noch mehr tun: Die Blackfriarsbrücke im Herzen von London erhält gerade ein komplettes Dach aus 4 000 Solarmodulen. Ja, viel höhere Investitionssumme, aber auch viel mehr Ausbeute!
Sonnige Grüße
A. Huber